Gewalt gegen Frauen

Die 1986 vom Europäischen Parlament verabschiedete Entschließung „Gewalt gegen Frauen“ benennt Ursachen und Erscheinungsformen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, und forderte die nationalen Regierungen zu Gegenmaßnahmen auf. Da sich die BRD mit der Erfüllung dieser Forderung Zeit lässt, findet dieses gesellschaftliche Problem auch innerhalb der Polizei nicht genügend Beachtung. Dementsprechend ist die Bearbeitung der Delikte, die Gewalt gegen Frauen strafrechtlich beschreiben, in fast keiner Weise frauengerecht.

Die hierarchische Männerdomäne Polizei sieht in erster Linie ihre Aufgabe in der Aufklärung von Straftaten und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung. Solange sie sich im Rahmen geltenden Rechts bewegt, ohne dass die Öffentlichkeit Notiz davon nimmt und keine Kritik übt, tangiert es die Polizei sehr wenig, wie durch sie Opfer, Betroffene oder Täter behandelt werden. Damit ist auch die Interaktion zwischen PolizistInnen und von Gewalt betroffenen Frauen für den Polizeiapparat kein Problem, so dass Aus- und Fortbildung die Thematik nur am Rande behandeln.

Hilfe, Unterstützung und Beistand finden geschädigte Frauen bei der Polizei kaum. Der Grad der Hilfe, Unterstützung und des Beistands richtet sich immer nach dem sozialen Engagement der/des einzelnen PolizistIn. Nüchtern, funktional eingerichtete Büros und Wachen, ein endloser Formalismus und eine beziehungslose Amtssprache tragen in keiner Weise zu einer Atmosphäre bei, wie sie für die geschädigten Frauen und Mädchen vonnöten wäre. Ein ungestörtes Arbeiten ist in den dienstlichen Räumen ebenso wenig möglich wie die Betreuung durch eine Polizeibeamtin im gesamten Ermittlungsverfahren. Da die Täterermittlung oberste Priorität hat, können die persönlichen Belange oder das momentane Gefühlsleben des Opfers nicht berücksichtigt werden. Die Thematik "Gewalt gegen Frauen" richtet sich innerhalb der Polizei ausschließlich auf die im Strafgesetzbuch definierten Sexualdelikte. Körperverletzungsdelikte, Bedrohung oder Nötigung werden dem Bereich "Gewalt gegen Frauen" nicht zugerechnet.

Die Rechte der Beschuldigten im Strafverfahren sind festgeschrieben. Die Rechte von Opfern, der Geschädigten als ZeugInnen, werden vernachlässigt. Eine polizeiliche Betreuung der Opfer findet weitgehend nicht statt. Das Gefühl nicht alleingelassen zu werden, verstärkt das gegenseitige Vertrauen. Bei der Betreeung von Opfern ist die ethnische Herkunft zu berücksichtigen. Die adäquate Betreuung und die Hilfsangebote für die Opfer sind ein wichtiger Bestandteil der Integration der Menschen mit ausländischer Herkunft. Das Polizeipräsidium München hat im Herbst 1997 als erste Dienststelle ein Opferschutzkommissariat eingerichtet. Es besteht aus zunächst 13 BeamtInnen und ist bundesweit ein einmaliges Experiment.